Kampfmittelfreigabe - Handlungsempfehlungen für die Baupraxis

Detonation von Kampfmitteln

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Bei jeder Art von Bauarbeiten, bei denen in relevantem Umfang in den Baugrund eingegriffen wird, hierzu zählt auch der Eintrag von Erschütterungen, besteht eine Gefährdung durch Kampfmittel. Aus diesem Grund muss bereits mit der Ausschreibung derartiger Bauarbeiten eine schriftliche Bestätigung zur Erfüllung der länderspezifischen Anforderungen zu Erkundungs- und Räumungsmaßnahmen gemäß ATV DIN 18299 Abschnitt 0.1.18 VOB/C vorgelegt werden.

Die ordnungsgemäße Kampfmittelfreigabe, die vor Baubeginn vorliegen muss, darf nur durch die entsprechenden staatlichen Stellen bzw. zugelassene/autorisierte Fachfirmen oder Ingenieurbüros (SprengG) erfolgen, nicht durch private Bauherren/Auftraggeber oder Planer/Steuerer.

Kommt der Bauherr/Auftraggeber der Verpflichtung zur Bereitstellung einer ordnungsgemäßen, d.h. qualifizierten, verbindlichen, eindeutigen und einschränkungsfreien Kampfmittelfreigabe nicht nach, so hat der Auftragnehmer – allein schon aus Gründen des Arbeitsschutzes – Bedenken und Behinderung im Sinne der § 4 Abs. 3, 6 Abs. 1 VOB/B anzumelden.

Berücksichtigung der konkreten Baumaßnahme, der beeinflussten Bereiche und der Bauverfahren

  • Die Kampfmittelfreigabe muss immer einen direkten Bezug zur tatsächlich auszuführenden Baumaßnahme haben, insbesondere muss der von der Baumaßnahme beeinflusste Bau-/Baugrundbereich (z.B. Flach- oder Tiefgründung, Nachbargrundstück) und das zur Anwendung kommende Bauverfahren (z.B. Bohr- oder Rammverfahren) berücksichtigt werden.
  • Werden durch die Baumaßnahme Nachbargrundstücke oder Flächen außerhalb des unmittelbaren Baufeldes einbezogen (z.B. durch Verankerungsarbeiten, Erschütterungen durch Rammarbeiten oder Verdichtungsarbeiten), so muss die Kampfmittelfreigabe auch diese Bereiche einschließen, da diese ebenfalls zum Baubereich gehören.
  • Bezieht sich die Kampfmittelfreigabe lediglich auf einzelne Bereiche innerhalb des Baubereiches (z.B. Pfahlansatzpunkte, Spundwandtrasse, Kanal-/Leitungstrasse), so ist dies in der Kampfmittelfreigabe eindeutig anzugeben. Vor Baubeginn ist die Aktualität und Gültigkeit dieser Teilfreigabe in Bezug auf die tatsächlich durchzuführenden Bauarbeiten noch einmal verantwortlich zu prüfen bzw. prüfen zu lassen.

 

Vereinheitlichte, einschränkungsfreie Freigabe

  • Eine Kampfmittelfreigabe mit Einschränkungen, Ausschlüssen oder Empfehlungen für weitergehende Untersuchungen ist aus Sicht der bauausführenden Unternehmen nicht ausreichend, um mit den Bauarbeiten beginnen zu können.
  • Werden durch einen (öffentlichen) Bauherrn/Auftraggeber, eine Behörde oder eine verantwortliche Stelle in den Freigaben „Empfehlungen“ ausgesprochen, so ist diesen unbedingt Folge zu leisten, da derartige „Empfehlungen“ zumeist als Aufforderungen zu verstehen sind. Der Bauherr/Auftraggeber muss in diesen Fällen weitere Untersuchungen und Aufklärung veranlassen, so dass eine einschränkungsfreie Freigabe nach ATV DIN 18299 Abschnitt 0.1.18 VOB/C erfolgen kann.
  • Im Hinblick auf die von (öffentlichen) Bauherrn/Auftraggebern oder anderen Verantwortlichen ausgesprochenen „Empfehlungen“ bei Vorliegen nicht klarer Befunde seitens der staatlichen Kampfmittelbeseitigungsdienste oder anderer autorisierter Stellen, sind diese nicht geeignet, die sich daraus ergebenden Verpflichtungen des Bauherrn/Auftraggebers auf den Auftragnehmer, d.h. das Bauunternehmen zu übertragen.
  • Der Bauherr/Auftraggeber darf den Auftragnehmer auch nicht unter dem Vorwand des Arbeitsschutzes für die eigenen Arbeitnehmer oder Dritter dazu verpflichten, auf eigene Kosten die zur Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen noch erforderlichen Erkundungsmaßnahmen durchzuführen. Denn, die diesbezügliche Gefährdung ist nicht dem Einflussbereich des Auftragnehmers, sondern dem des Bauherrn/Auftraggebers zuzuordnen.
  • Enthält die Kampfmittefreigabe Einschränkungen oder Ausschlüsse (z.B. in Bereichen von Auffüllungen oder, wenn die erforderliche Sondiertiefe nicht erreicht wurde), gilt die Freigabe zur Bauausführung - zumindest für diese Bereiche - als nicht gegeben. Der Bauherr/Auftraggeber muss in diesen Fällen weitere Untersuchungen und Aufklärung veranlassen, so dass eine einschränkungsfreie Freigabe nach ATV DIN 18299 Abschnitt 0.1.18 VOB/C erfolgen kann.