Vergaberechtliche Vorgaben und Besonderheiten für private Auftraggeber

Großbaustelle mit Baumaschinen

6

Private Auftraggeber sind – außer es wird im Rahmen eines VOB-Vertrags ein Nachunternehmerverhältnis begründet, § 4 Abs.8 VOB/B - nicht an die VOB gebunden und im Rahmen der Vertragsfreiheit grundsätzlich frei, dem Auftragnehmer die Risiken im Zusammenhang mit einer möglichen Kampfmittelproblematik zu überbürden. Allerdings kennt das Recht in Form von Treu und Glauben, § 242 BGB sowie insb. durch die Regelungen der §§ 305 ff. BGB zur begrenzten Zulässigkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen insoweit deutliche Einschränkungen: Nachdem gem. den §§ 644 und 645 BGB das Risiko für vom Auftraggeber zum Zwecke von Bauarbeiten beigestellte Stoffe dieser zu tragen hat und der Baugrund bzw. das Gebirge nicht wegdenkbar immer ein vom Auftraggeber zu stellender „Stoff“ ist, wäre eine Überwälzung durch AGB als Verstoß gegen eine gesetzliche Grundvorgabe unwirksam. Lediglich in einem individuell abgefassten Vertrag könnte u.U. das Kampfmittelrisiko überbürdet werden – wobei hier wieder die Grenze zum Verstoß gegen § 242 BGB nahe liegen kann bzw. von einem Gericht auch AGB–Grundsätze angewendet werden könnten.

Eine Zulässigkeit der Überbürdung würde insb. eine angemessene Risikoabgeltung voraussetzen und zudem ihre Grenze darin finden, dass dem Unternehmer kein existenzgefährdendes Risiko überbürdet werden dürfte (vgl. Bundesverfassungsgericht Urteil vom 16.2.2000, 1 BvR 242/91 = NJW 2000, 2573).

Unabhängig davon ist in der Baupraxis eine solche Risikoüberbürdung weder üblich noch zu empfehlen – denn die strafrechtliche und sicherheitsrechtliche Verantwortung des Auftraggebers/Bauherrn bleibt immer bestehen!

Dies heißt: Erfüllt der Auftragnehmer die Pflichten im Zusammenhang mit der Kampfmittelproblematik nicht ausreichend und es kommt zum Unfall, dann kann den Auftraggeber insoweit trotz aller „Überbürdung“ die volle straf- und zivilrechtliche Haftung treffen!

Billiger und besser ist damit stets, die Kampfmittelerkundung vor der Bauplanung und Auftragsvergabe durchführen zu lassen. Denn damit lassen sich auch Stillstandskosten und sonstige Mehrkosten vermeiden, nachdem das Antreffen von Kampfmitteln während der Baudurchführung regelmäßig zur Unterbrechung der Bauarbeiten führt, da die Baustelle z.B. evakuiert werden muss. Weiterhin schließen sich an Kampfmittelfunde oftmals weitergehende und zeitaufwendige Untersuchungen an.